Dieser Spruch sag uns, wer lügt, kommt nicht weit – so wie jemand mit „kurzen Beinen“ nicht weit laufen kann. Damit will man uns sagen, Lügen fliegen früher oder später auf, weil sie schwer durchzuhalten sind. Es steckt wohl eine moralische Warnung für uns darin, Ehrlichkeit dauert am längsten, weil sie konsistenter ist. Wir sagen den Spruch, weil eine Lüge oft mit weiteren Lügen gestützt werden muss. Weil das Netz kompliziert wird und leicht zusammenbricht. Oder es fallen uns Unstimmigkeiten auf und Vertrauen geht verloren. Wer lügt, trägt meistens eine gewisse innere Anspannung in sich. Das kann seine Körpersprache oder eine gewisse Unsicherheit verraten. Tatsache ist, viele Lügen werden entdeckt. Unsere Beziehungen, die auf Lügen basieren, halten selten. Gesellschaftlich wird Vertrauen oft zentral bewertet, und wer häufig lügt, verliert an Glaubwürdigkeit. Auch hier gibt es Ausnahmen. Manche Lügen bleiben unentdeckt, unsere kleinen Notlügen, diplomatische Floskeln, oder wenn die Täuschung wirklich perfekt ist. Ob eine Lüge auffliegt, hängt sehr von den Umständen, der Aufmerksamkeit anderer und der Geschicklichkeit des Lügners ab. Doch Lügen ist grundsätzlich moralisch falsch, unabhängig von den Folgen. „Lügen haben oft kurze Beine“ entspricht wohl am Ehesten einem pragmatischen, erfahrungsbezogenen Moralprinzip. Nicht weil Lügen „böse“ sind, sondern weil sie auf Dauer nicht funktionieren. Der Spruch ist also eine Lebensregel für uns, die meistens stimmt, aber natürlich nicht universell gilt. Er ist weniger eine „Wahrheit“ als eine Ermahnung zur Ehrlichkeit, die mit einem anschaulichen Bild verpackt ist.
17. September 2025 - 281 mal gesehen
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