Unsere Erwartungen können ein Hindernis sein, und zwar sowohl psychologisch als auch praktisch. Wenn wir uns zu genau ausmalen, wie etwas sein muss, verlieren wir oft die Fähigkeit, wahrzunehmen, wie es wirklich ist. Wir filtern dann unsere Erlebnisse so, dass sie zur Erwartung passen und verpassen dabei Chancen oder überraschend gute Wendungen. Je konkreter und fester unsere Erwartung ist, desto größer ist der emotionale Abstand zur Realität, wenn sie nicht erfüllt wird. Dieser Abstand wird von uns dann als Enttäuschung oder Frustration erlebt, selbst dann noch, wenn das Ergebnis objektiv gar nicht so schlecht ist. Unsere Erwartungen geben uns ein Gefühl von Sicherheit und Kontrolle, aber oft kontrollieren wir den Verlauf gar nicht so stark wie gedacht. Je mehr wir versuchen, die Realität in unsere Schablone zu pressen, desto mehr Widerstand und Stress entsteht. Wenn wir an einer Erwartung festhalten, schließen wir andere Lösungswege oder Interpretationen leider aus. Das kann dann natürlich in unseren Beziehungen, bei Projekten oder Lernen den Fluss behindern. Eigentlich ist unser Problem nicht, Erwartungen zu haben, sondern sie für unverrückbar zu halten. Unsere Erwartung wird meistens erst zum Hindernis, wenn sie von einer offenen Orientierung zu einer starren Vorschrift mutiert. Also dürfen wir uns hin und wieder fragen, ob wir noch stimmige Erwartungen haben.
10. August 2025 - 247 mal gesehen
©Foto: Klaus